Rückweisungsantrag zum Postulat „Ausgeglichenes Budget“

Rückweisungsantrag von Petra Ohnsorg zum Postulat „Ausgeglichenes Budget“ an der Einwohnerratssitzung vom 23. September 2024:

Auch in der Grünen Fraktion haben wir das Minus und die Prognosen für die nächsten Jahre mit Besorgnis zur Kenntnis genommen und intensiv diskutiert. Massnahmen wird es brauchen, aber wir sind der Meinung, dass man jetzt nicht in Panik verfallen sollte und grad das Kind mit dem Bade ausschütten. Das Wasser im Bad ist auf jeden Fall kühler als auch schon…. und es hat leider auch nicht mehr so viel heisses Wasser im Boiler wie auch schon….. Aber solange das Kind nicht mit den Zähnen klappert, finden wir, können wir also schon noch frische Kleider bereitlegen.

In den letzten Jahren hat die Ratsrechte mehrmals auf Steuersenkungen gedrängt und wir haben immer wieder zu Bedacht gemahnt. (Was sich im Rückblick ja durchaus als richtig erwiesen hat.)

Es wundert uns darum schon, dass die Fraktion glp/Mitte nun –  in der umgekehrten Situation – grad sofort anfängt herumzuriegeln – mit diesem Rückweisungsantrag und mit diversen Kürzungsanträgen, die schriftlich mehr schlecht als recht oder gar nicht begründet sind. Das wirkt auf uns eher panisch (oder vielleicht sogar wahlkämpferisch), auf jeden Fall wirkt es aber nicht langfristig durchdacht.

Die Grüne Fraktion ist der Meinung, dass auch in der Situation mit umgekehrten Vorzeichen zuerst durchschnaufen angezeigt ist und dann nachhaltiges Handlung mit Bedacht und Weitsicht! Ich werde dann bei der Würdigung des Budgets gerne genauer ausführen, was wir damit meinen.

Vorerst so viel: Es ist ja nicht nur so, dass der SR – wir haben es schon mehrmals gehört – bereits Korrekturen von mehreren Millionen vorgenommen hat. Es ist vor allem auch so, dass wir im Moment mit der Planung von der Oberstufe eine extrem grosse, sprich kostenintensive Unbekannte im Investitionsbudget haben. Auch das ist für uns ein wichtiger Grund (wenn nicht der wichtigste Grund überhaupt), das Kind vorerst im Bade zu lassen – zumindest bis wir wissen, wo und zu welchem Preis das Kind denn einst in die Oberstufe gehen wird.

Den vorliegenden Rückweisungsantrag wird die Grüne Fraktion deshalb nicht unterstützen.

Meine ersten Jahre im Einwohnerrat waren geprägt von Stabilo 1 und 2, Sparprogramm zur Stabilisierung vom Finanzhaushalt, und dann LUP, die Leistungs- und Prozessüberprüfung. Dann sind ein paar fette Jahre gekommen inkl. der Steuersenkung vom letzten Jahr. Jetzt ist das Badewasser wieder etwas kühler geworden – und eben, der Wasserstand im Boiler droht auch schnell zu sinken. Der Austausch mit euch zeigt, dass wir uns einig sind: es braucht Massnahmen. Nur beim Weg dorthin und bei der Geschwindigkeit sind wir uns nicht einig.

Dazu muss man auch sagen, dass die Zeit für den Budgetprozess ist für uns Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte kurz ist und gerade darum ist die Grüne Fraktion der Meinung, dass wir das Kind nicht jetzt und heute nicht mit dem Bade ausschütten sollten.

Die Aarauer:innen haben die Schuldenbremse angenommen und diese sagt, dass wir dann reagieren müssen, wenn die Schwankungstöpfe negativ sind – und das verschafft uns doch ein bisschen Zeit, wertvolle Zeit, denn für 2025 sind wir noch nicht im Negativen und die Prognosen auf der Einnahmeseite sind tendenziell am Steigen.

Diese Zeit, die uns die Schuldenbremse gibt, braucht es unbedingt für eine vertiefte Auseinandersetzung und Abwägung! Die Grüne Fraktion findet Sparübungen nach Rasenmäherprinzip, wie das die bürgerlichen Parteien gerne praktizieren, nicht zielführend. Uns ist wichtig, dass die Legislaturziele trotz allem erreicht werden und die Lebensqualität in unserer Stadt hoch bleibt!

Unsere Meinung ist, dass wir uns an erster Stelle mit folgenden Fragen befassen müssen: welche Leistungen müssen, können und wollen wir anbieten? Auf welche Leistungen sind wir bereit zu verzichten? Gibt es Leistungen, die wir auslagern können? Gibt es Leistungen, die man vermehrt auf die Nutzer:innen abwälzen kann? Und wie viel sparen wir, mit welchen Kürzungen?

Wie gesagt, ich bin schon lange im ER, habe das alles schon mal durchgespielt und kann euch versichern: Im allgemeinen Haushalt können per se keine grossen Beträge gespart werden, das liegt in der Natur der Sache. Nur 30%der Ausgaben können wir überhaupt selber steuern, ganze 70% der Ausgaben sind gesetzlich gebunden. Der Aufwand von Sparübungen ist anstrengend und vor allem sehr aufwändig auf allen Ebenen, und der Hebel im allgemeinen Haushalt ist und bleibt trotzdem enttäuschend klein!

Apropos Haushalt: Wenn ihr im eigenen, privaten Haushalt sparen müssen, wie macht ihr das? Man kann auf Bio verzichten und nur noch Prix Garantie und M-Budget-Produkte kaufen oder nur noch 1x pro Woche Fleisch esse oder das 2- anstatt 5-lagiges WC-Papier kaufen. Aber wirklich einschenken wird es beim Sparen erst, wenn man auf das neue Sofa verzichtet, auf ein neues Autos oder den Umbau des Badezimmers.

Was mache ich aber, wenn das Dach rinnt? Lasse ich es notdürftig flicken, mit dem Risiko, das eindringender Regen den Dachstuhl in Mitleidenschaft zieht und ich später nicht nur die Dachdeckung sondern auch den Dachstuhl ersetzen muss? Oder lasse ich das Dach halt grad sauber neu eindecken?

Mit diesem Bild im Hinterkopf fasse ich die Grüne Haltung kurz zusammen:

  • Erstens: Bei den Investitionen kann am meisten gespart werden. Aber auch hier gilt: sie müssen mit Bedacht und vor allem mit Weitsicht geplant werden! Wir haben es auch schon erlebt, dass man auf Leistungen verzichtet hat, die wir heute für viel mehr Geld trotzdem erstellen müssen (z.B. aktuell grad die zweite Turnhalle im Göhni oder der Tellisteg).
  • Zweitens: Sparbemühungen im allgemeinen Haushalt verursachen viel Aufwand für wenig Ertrag. V.a. wenn die Sparbemühungen in der Verwaltung nicht mitgetragen werden, kann dies schnell zu Stress und schlechter Stimmung führen – was sicher nicht zu mehr Effizienz und guter personeller Besetzung beiträgt.
  • Drittens: Bei den 30% im allgemeinen Haushalt, wo wir überhaupt steuern können, haben Verwaltung und Stadtrat das Budget im Budgetprozess bereits um 7 Mio CHF korrigiert. Wir finden das ansehnlich und bedanken uns für die Bemühungen vom SR und von der Verwaltung! Dass der Steuerfuss vom SR nicht angepasst worden ist, ist für uns i.O. – wir gehen davon aus, dass eine Erhöhung nur gerade 1 Jahr nach der Steuersenkung von der Bevölkerung sowieso nicht angenommen würde, schon gar nicht die 4 Prozent, wo es für ein ausgewogenes Budget bräuchte.
  • Viertens: Die grösste Unbekannte im Investitionsbereich ist im Moment die Oberstufenplanung. Wenn diese Investition  auf dem Tisch liegt – und das sollte ja nächstes Jahr der Fall sein… – dann müssen wir auch die Einnahmeseite in unserem Finanzhaushalt diskutieren. Um wie viel die Steuern zu erhöhen sind, kann man dann sicher besser abschätzen als zum heutigen Zeitpunkt.

Abschliessend möchte sich die Grüne Fraktion bei SR und Verwaltung nochmals ausdrücklich für die Sparbemühungen bedanken. Und bedanken möchten wir uns auch für das Budget 2025 und die diesmal viel sorgfältigere Antworten auf unsere Fragen!

Petra Ohnsorg Matter

Einwohnerrätin, Co-Präsidentin Aarau Mobil
Petra ist Archäologin und Geschäftsleiterin eines KMU. In der Freizeit spielt ihre Familie eine wichtige Rolle. Sie ist gerne draussen - am liebsten am Wasser, im Jura, in den Bergen oder einfach im Garten.